8. Tag, 28.05.2015,  Galway - Bunratty

Als ich um 8:00 Uhr aufwache blinzelt schon die Sonne durch die Vorhänge. Das verspricht ein super toller Motorradtag zu werden. Schnell machen wir uns fertig und gehen in den Frühstücksraum. Da wir inzwischen die ungeschriebenen Gesetze der Tischbelegung kennen, gibt es keine weiteren Zwischenfälle und wir genießen unser Frühstück.

Um 10:30 Uhr starten wie unsere Maschinen und verlassen Galway, um dem Wild Atlantic Way in südlicher Richtung zu folgen. Heute wollen wir eine der Touristenattraktionen Irlands sehen, die Cliffs of Moher.

Immer wieder bleiben wir stehen und fotografieren und bestaunen die traumhaft schöne Landschaft mit ihren bizarren Küstenstreifen. Es macht Spaß, die kleinen Sträßchen entlang zu rauschen und das Wetter ist heute perfekt zum Motorrad fahren. 

Inzwischen haben wir uns auch recht gut an den Linksverkehr gewöhnt und es funktioniert schon fast wie automatisch, dass wir uns auf der richtigen Seite einordnen. Trotzdem konzentriere ich mich jedes Mal beim Abbiegen oder Auffahren auf eine Straße und zum Glück hört niemand, wie ich in diesen Situationen leise vor mich hinmurmele: links fahren, links fahren, links fahren ….

Wir folgen weiter dem Wild Atlantic Way und als der Verkehr dann langsam aber stetig zunimmt vermute ich richtig, dass wir uns unweigerlich den Cliffs of Moher nähern.

6 Euro steht auf dem Parkplatzschild und das wollen die pro Fahrzeug. Der Parkplatz ist trotz der Wucherpreise fast voll. Auch wenn es sicher beeindruckend ist von 214 m Höhe steil in die Tiefe hinabzuschauen brauchen wir uns nicht abzusprechen: Das ist es uns nicht Wert. Marianne setzt nicht mal den Fuß auf die Straße, sondern wendet unverzüglich und gibt mir per Kopfnicken das Signal ihr zu folgen.

Sie hat 200 m vorher einen kleinen Feldweg entdeckt und will versuchen, von dort aus zu Fuß zu den Klippen zu gelangen. Wenige Autos parken schon dort. Wir stellen unsere Motorräder nah an den Weidezaun, hängen die Helme an die Spiegel und machen uns auf den Weg in Richtung Klippen. Ich bin in solchen Dingen eher vorsichtig und denke, dass wir nicht die Ersten sein werden, die das versuchen und der Farmer bestimmt schon mit seiner Mistgabel hinter der nächsten Ecke lauert um uns zu verjagen. Marianne lässt sich allerdings von nichts abschrecken und so bleibt mir kaum etwas anderes übrig als ihr zu folgen. Spät am Abend, als wir Tim und Ronja per kik von unseren Tageserlebnissen berichten kommt es zu dem nebenstehenden Dialog.

Der Weg lohnt sich, wir begegnen weder dem Bauern, noch dem Bullen und werden mit einer grandiosen Aussicht belohnt.

Plötzlich und ohne Vorwarnung zieht sich der Himmel zu und es fängt an zu regnen. Typisch Irland. Den Rückweg legen wir also in etwas flotterer Gangart zurück, können es jedoch nicht vermeiden ordentlich nass zu werden. Bei den Motorrädern angekommen hört es auch schon wieder auf zu regnen und wir müssen angesichts der drohenden schwarzen Wolkenwand die Regenkombi-Entscheidung fällen. Die Gore-Tex-Kombis haben den Schauer mühelos weggesteckt, sind allerdings von außen jetzt nass. Wir wollen den Fahrtwind nutzen, um die Klamotten zu trocknen und entscheiden uns gegen die Regenhaut.

Also setzen wir die Helme auf die nassen Haare, was ein bisschen unangenehm ist, starten unsere Maschinen und folgen weiter der Küstenstraße in Richtung Süden. Hinter jeder Kurve eröffnet sich uns ein weiterer atemberaubender Ausblick. Es ist unmöglich alles zu fotografieren, aber wir sind sicher, dass wir bald wiederkommen, um das nachzuholen. 

Heute suche ich die Location für die Kaffeepause aus und wähle Whelans Foodstore, der unmittelbar an der Hauptstraße liegt. Mutter und Tochter stehen ziemlich schlechtgelaunt hinter dem Tresen und bereiten die Sandwiches nach Bestellung frisch zu. Kaffee zapft man sich selber an einer Kaffeemaschine im Laden. Abgesehen von der wenig romantischen Lage ist der Kaffe gut und die Sandwichs sind ebenfalls lecker. Nachdem wir uns gestärkt haben setzen wir unsere Fahrt fort.

Kurz vor Ballynacally ist die Straße wegen Bauarbeiten gesperrt und wir werden von einem freundlichen Bauarbeiter in Richtung Ennis umgeleitet. So kommen wir zu einer kleinen Stadtrundfahrt in dieser hübschen Stadt, die wir eigentlich umfahren wollten. Kurz darauf erreichen wir nach 234 Kilometern unser heutiges Ziel, das B&B in Bunratty Arms. Alles richtig gemacht: Bis auf ein paar kleinere nicht erwähnenswerte Schauer bleibt es trocken und als wir in Bunratty einlaufen sind unsere Klamotten längst getrocknet.

Leider liegt unsere Unterkunft etwas abgelegen und außer einer Tankstelle mit einem kleinen Supermarkt gibt es zunächst mal nichts im näheren Umkreis. Nachdem wir geduscht haben, machen wir uns zu Fuß auf den Weg nach Bunratty Castle, um dort etwas zu essen. Etwa 2,5 Kilometer läuft es sich auch entlang einer nur mäßig befahrenen Straße nicht besonders angenehm. 

Als ein Auto neben uns anhält und die Fahrerin die Scheibe runterkurbelt und: "You want a lift?", fragt, ist es unsere Vermieterin, die uns zur Kneipe bringen will und uns sogar anbietet uns wieder abzuholen, wenn wir vor Mitternacht nach Hause wollen. Total nett von ihr. Erleichtert steigen wir ein, denn gerade hat es wieder begonnen zu regnen.

Im Durty Nelly's gibt es Steak-Sandwich und Siloin Steak für uns und später sogar noch absolut gute Live-Musik mit Banjo und Geige.

Nachdem wir uns ausreichend mit Essen und Guinness gestärkt haben laufen wir heim, denn wir wollen die Freundlichkeit der älteren Dame nicht überstrapazieren. Als gegen 22:30 Uhr wieder im B & B ankommen ist es noch hell und wir sind kaum nass geworden.

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Stefan