Heute Morgen wachen wir so gegen 8 Uhr auf, duschen kurz und machen uns auf den Weg zu unserem ersten französischen Frühstück. Wie vermutet gibt es am Buffet keine "herzhaften" Brotbeläge, sondern nur Marmelade und Honig. Dafür gibt es ausgesprochen leckere Croissants und knuspriges Baguette, Kaffee, O-Saft und Joghurt. So gestärkt begeben wir uns gegen 10:00 Uhr auf die zweite Etappe unserer Reise. 

Für die bevorstehenden 366 km prophezeit Zumo uns 6,5 Stunden Fahrzeit und da wir das Burgund und das französische Jura durchqueren werden brauchen wir keine Umwege zu fahren um landschaftlich schöne und fahrerisch reizvolle Strecken unter die Reifen zu bekommen. Wir gehen also davon aus, dass wir nach etwa 8 Stunden unser Ziel erreichen werden.  


Die Fahrt verläuft unkompliziert und um die Ankunft in Aime nicht weiter hinauszuzögern packe ich die Landkarten ganz weit nach unten, dass keiner in Versuchung kommt Umwege zu entdecken. Wir durchqueren das Burgund und das französische Jura. Beides sind ausgesprochen schöne Landschaften und bieten viele tolle Strecken zum Motorrad fahren. Am Lac de Annecy geht es dann nur noch im Schritt-Tempo voran, aber die Franzosen fahren fast ausnahmslos ganz rechts, wenn sie in Rückspiegel ein Zweirad sehen, dass man sie leicht überholen kann. Die Deutschen Motorradfahrer kapieren das leider erst ein paar Tage später. Nun ist mir auch klar warum so mancher Autofahrer irgendwann angefangen hat resigniert den Kopf zu schütteln, nachdem er 5 Kilometer fast auf dem Grünstreifen gefahren ist und ich ihn trotzdem nicht überholt habe.

Irgendwann habe ich es dann auch kapiert und mich dann mit einem kleinen Hupkonzert bedankt. Das hat allerdings wieder verständnisloses Kopfschütteln hervor- gerufen, da sich der französische Biker dezent mit einem herausgestreckten Bein nach dem Überholvorgang bedankt. Pfff, das soll einer wissen …

 

Bei der Ankunft an unserer Herberge gibt’s mal wieder Stress mit Zumo, da der scheinbar denkt: Warum einfach wenn's auch kompliziert geht. So führt er uns mit einem Umweg zur Herberge, so dass wir kurz vor dem Ziel zwar das Haus erkennen können, aber zwischen meinem Vorderreifen und dem heiß ersehnten Reiseziel eine 200 m Gefällestrecke liegt, die es in sich hat. Sind das etwa auch drei Stufen, die man auf dem Weg überwinden muss? Hatte ich vielleicht den "Enduromodus" eingeschaltet? Marianne ist rechtzeitig vorher stehen geblieben und beobachtet erst mal wie es weiter geht. Wenden kommt bei einem Reisegewicht von etwa 400 kg nicht in Frage, dazu ist es dort zu eng. Nach einigen sehr tiefen Atemzügen "stürze" ich mich also mit zwei voll gezogenen Bremsen den Berg runter. Zum Glück guckt keiner! Die "Stufen" entpuppen sich als Abflussgitter ohne Absatz und das Gefälle war hinterher irgendwie nur halb so schlimm. Von oben sah es wirklich sehr gefährlich aus. Nachdem kein lautes Geschepper zu hören ist und sich auch kein Rettungshubschrauber nähert "wedelt" Marianne auch noch diesen Berg runter und wir werden unten herzlich von Yves, dem Wirt, begrüßt. Er zeigt uns die Motorradstellplätze, die Garage ist für heute Abend schon mit anderen Maschinen belegt. Aber das stört uns nicht weiter als wir nach 356 km und 8 Stunden die Zündschlüssel abziehen.

Die Gite de Montvilliers haben wir auf bikerbetten.de gefunden. Sie liegt strategisch günstig zwischen Petit Saint Bernard, Iseran, Cormet de Roselend und La Madeleine und eignet sich um diese Pässe der westlichen Alpen zu erkunden. Wir treffen hier fast ausschließlich Biker aus Deutschland, der Schweiz und natürlich Frankreich. Abends kochen Yves und Marie leckeres und typisches savoyanisches Essen. Alle Gäste sitzen gemeinsam an einer langen Tafel und bedienen sich aus den reichhaltig gefüllten Schüsseln. Genau das Richtige nach einem langen Bikertag.

Aufgetragen wird tatsächlich erst, wenn alle sitzen, es sei denn man hat sich abgemeldet, aber das tut keiner freiwillig. Heute gibt es als Vorspeise einen Salat und anschließend Schweinebraten mit Zuccinigemüse und Reis. Als Nachtisch gibt es Tartes au myrtelles und einen Espresso. Wein und Wasser stehen in Karaffen auf dem Tisch und wer noch nicht zu müde ist bleibt nach dem Essen noch zu Benzingesprächen und Tourempfehlungen anderer Biker am Tisch sitzen. 

Heute Abend gesellt sich Yves zu uns, der sehr gut deutsch spricht. Er erzählt von seiner Familie und seinen Gästen aus aller Welt. So hat er Stammgäste aus Kanada, was für uns natürlich besonders interessant ist, da Ronja ja nun seit fast 2 Wochen in Kanada ist. Auch im Winter ist seine Gite ein beliebtes Urlaubsquartier. Schließlich reihen sich hier berühmte Skigebiete wie Val d'Isere, La Plagne oder Meribel aneinander. Uns reicht es für heute und wir verabschieden uns ins Bett.

 

zum vorherigen Tag ...                                                                                    ... zum nächsten Tag