6. Tag, 26.05.2015, Westport - Galway
Rührei aus der Mikrowelle ist zwar schön locker und luftig, schmeckt aber irgendwie fad. Das gleicht aber Stefanie mit ihrer herzhaften, temperamentvollen Art aus und so können wir das Frühstück trotzdem genießen. "You should follow the coastline, it's the most lovely route for bikes in Ireland." Witzigerweise entspricht die Streckenempfehlung exakt meiner Routenplanung und so können wir heute wieder den Navigator nutzen.
Es ist 10:30 Uhr als wir Westport verlassen. Heute Abend werden wir in Galway übernachten, wo man angeblich in jedem Pub sein Guinness zu Live-Musik trinkt. Auf unserem Weg entlang der Küste begegnet uns zum ersten Mal eines der Wild-Atlantic-Way Schilder, nach denen wir unsere Route ausgerichtet haben. Auf schmalen Sträßchen mit rauem Asphalt, der merklich das Profil von den Reifen rubbelt, passieren wir den 753 m hohen Croagh Patrick, den heiligen Berg Irlands. Ende Juli pilgern hier Heerscharen von Gläubigen barfuß auf den Berg, auf dem St. Patrick 40 Tage lang gefastet haben soll. Heute ist es hier ziemlich ruhig, das Thermometer zeigt 12° C und der Berg bleibt im Dunst verborgen.
Die Landschaft in Connemara ist recht karg und wir sehen nur wenig grün. Dafür hat es hier jede Menge kleinere Seen. An der Westküste sind die Straßen etwas belebter als im Landesinneren. Spürbar am höheren Reisebusaufkommen und vielen Kleinwagen mit dezenten Aufklebern einer Mietwagenfirma auf der Heckscheibe, die von den Billigflug-Neckermännern durch die Lande chauffiert werden. Verglichen mit einem Wochenende im Odenwald, sind wir hier allerdings immer noch alleine auf der Straße.
Auf dem Weg zu Irlands einzigem Fjord bei Leenaun kommen wir erneut an einem Famine-Memorial vorbei. Wir folgen der N 59 und der Verkehr wir erst wieder dichter als wir uns Kylemore Abbey nähern. Diesmal lassen wir uns aber nicht vom Touristenstrom abschrecken, denn nach Aussage von Stefanie soll es hier die besten Scones Irlands geben.
Das malerische Castle wurde 1867 - 1871 von Mitchell Henry und seiner Frau Margaret erbaut. Keine schlechte Hütte für eine 11-köpfige Familie, der gute Mitchell war vermutlich kein Armer. Leider hat Margaret recht bald das Zeitliche gesegnet und Henry verlor das Interesse an der Immobilie. 1920 kaufte ein Benediktinerinnen-Orden das Anwesen mit 4000 Hektar Land zum Schnäppchenpreis von 45000 Pfund. Dafür bekommt man heute in Mannheim gerade mal eine 1-Zimmer-Wohnung.
Das gesparte Eintrittsgeld für die Besichtigung des Klosters und der Gärten setzen wir in Scones mit Butter, Marmelade und Sahne und Kaffee um. Das ist eine gute Entscheidung, denn die schmecken wirklich richtig lecker. Zur Zeit läuft gerade im Internet der Wettbewerb um die besten Scones Irlands. Wahrscheinlich sieht man uns an, wie lecker wir sie finden und fordert uns daher auf, für die Kylemore Abey zu stimmen.
So gestärkt setzen wir uns auf unsere Maschinen und folgen der N 59 bis kurz vor Clifdon. Hier verlassen wir die Nationalstraße, denn wir wollen die Sky Road fahren, eine 15 Kilometer lange Straße, die uns entlang der Buchten Clifden Bay, Kingstown Bay und Streamtown Bay an der Atlantikküste entlang führt. Der Name Sky Road kommt von den eindrucksvollen Überblicken über die felsige und zerklüftete Küstenlinie und die sie umgebende Landschaft. Teilweise hat die Straße enorme Steigungen und es kommt einem vor, als ob man direkt in den Himmel fährt.
Zurück in Clifdon fahren wir auf der N 59 bis nach Galway/Salthill. Je mehr wir uns der Stadt nähern umso dichter wird der Verkehr und im Zentrum kommen wir nur noch im Schritttempo voran.
Um 15:00 Uhr erreichen wir nach 198 Kilometern das Westwinds B & B, das vom Meer nur durch eine Straße getrennt ist. Der Vermieter bietet uns an, die Motorräder im Innenhof abzustellen. Leider steht sein Rasenmäher in der Einfahrt und der springt nicht an, so stehen die Bikes dann doch vor dem Haus.
Nachdem wir uns frisch gemacht haben, gehen wir zu Fuß 5 Minuten nach Salthill, um etwas zu essen. In Irland kann man oft bis 17:00 Uhr nach der reduzierten Mittagskarte ein "Early-Bird-Menu" essen und da wir zeitig vor Ort sind wollen wir das heute ausprobieren. (Übrigens auch ein Tipp von Stefanie!) Marianne nimmt eine panierte Scholle mit Chips und ich esse einen Sheppard Pie (Lammragout mit Kartoffelbrei). Vorher probieren wir eine Atlantic Seafood Chowder mit Brown Bread, eine 1-A-Premium leckere Fischsuppe, die wir ab heute öfters bestellen werden. Zum Nachtisch gibt es Brownies mit Eis und Kaffee und wir bezahlen 37 Euro.
Heute Abend wollen wir das Gerücht mit der Live-Musik in den Pubs überprüfen. Dazu laufen wir ins Zentrum von Galway, gehen als erstes in Monroe's Tavern und werden nicht enttäuscht. Es gibt nicht nur Live-Musik, sondern es wird sogar traditionell getanzt. Wir lernen zwei Irinnen kennen, die sich zu uns an den Tisch setzen. Zum Glück hat Marianne schon ausgiebig das Irische geübt und die drei haben mächtig Spaß. I only understand railway-station, kriege aber hin und wieder was übersetzt.
Als wir später in einen zweiten Pub wechseln treffen wir die Beiden wieder. Sie sitzen an der Theke und sprechen kräftig dem Guinness zu. Hier gibt es ebenfalls eine Live-Session mit Dudelsack, Geige, Banjo, Mandoline, Tin Whistle und Querflöte.
Es ist spät als wir nach Hause laufen, aber morgen ist ja wieder ein Ruhetag.
Liebe Besucherin, lieber Besucher meiner Homepage,
über einen Kommentar, bzw. einen Eintrag im Gästebuch würde ich mich sehr freuen. Damit ich
weiß, ob das außer mir noch jemand liest. ;-)
Danke und bis bald
Stefan