4. Tag, 24.06.2015, Dublin - Westport
Unsere Routen habe ich zu Hause mit Basecamp vorgeplant und auf die Speicherkarte des Navigators geladen, sodass ich sie jetzt nach Bedarf in den Speicher des Navis importieren kann. Die Strecke für heute heißt folglich Dublin – Westport und führt uns durch Athlone, südlich des Lough Ree, dem zweitgrößten und mittleren Hauptsee im Lauf des Shannon. Er ist einer der drei großen Seen, zu denen sich der Shannon in seinem Lauf weitet. Die, kurz vor der Abreise in Mannheim noch ergatterte, ADAC Karte "Irland - Entdecken - Erleben - Genießen" empfiehlt das normannische Trim Castle als Sehenswürdigkeit. Die 1173, zu Zeiten der Armbrüste und Schwerter, erbaute Burg wurde im 17. Jahrhundert durch die Kanonen Oliver Cromwells teilweise zerstört. Geblieben ist eine imposante Ruine, die 1995 dem Film "Braveheart" als Kulisse diente. Auf unseren bisherigen Reisen haben wir ADAC-Empfehlungen zwar als sehenswert aber völlig überlaufen erlebt, da das in der Regel Orte sind, die vorzugsweise von Busunternehmen aus aller Welt angesteuert werden. Trotzdem geben wir dem ADAC-Tip eine Chance, planen fix die ursprüngliche Route um und machen uns, nach einem "Full Irish Breakfast without any Puddings", auf den Weg ins Mittelalter.
Sprit haben wir noch für gut 100 Kilometer, aber Mariannes RDC (Reifendruck-Kontrolle) meldet einen leichten Druckabfall in beiden Reifen. (… und hier zeigt sich der Vorteil dieser elektronischen Gimmicks, die ich, allen Unkenrufen zum Trotz, nicht mehr missen möchte!) Dem wollen wir unverzüglich nachgehen und steuern eine große Tankstelle in Dublin an. Der Tankwart zuckt nur müde die Schultern und verweist uns auf eine Tankstelle in 5 - 7 Kilometern Entfernung. Einen Kompressor hat er nicht. Unfassbar, wo doch die Reifen als einziger Kontakt des Fahrzeugs zur Straße eine lebenswichtige Funktion erfüllen. Helmschüttelnd fahren wir weiter zur nächsten Tanke, wo das Luft auffüllen 50 Cent kostet.
Als wir nach kurzer Fahrt Trim Castle erreichen präsentiert sich die Ruine von ihrer besten Seite, mit Bilderbuchwetter und ohne lästige Karawanen von Neckermännern und 10-Meter-Wohnmobilen.
Begeistert stellen wir die Motorräder hinter der Burg ab, lassen die Helme am den Spiegel hängen und lustwandeln auf den Spuren Hugh de Lacys, des ersten Lords of Meath, und natürlich auf denen Mel Gibsons.
Obwohl der weitere Verlauf des Strecke in Richtung Westport nicht spektakulär ist, begeistert uns die Landschaft und wir genießen das Motorrad fahren auf den engen irischen Sträßchen. Hier bewährt sich der Routenmodus "kurvenreich", denn das Navi führt uns so auf einige Nebenstrecken, die wir sonst sicherlich übersehen hätten. Lange Strecken fahren wir, ohne einem anderen Fahrzeug zu begegnen. Einfach traumhaft.
Unterwegs kommen wir an Moorlandschaften vorbei, die ein Siebtel der Insel bedecken. Rechts und links der Straße lagert Torf, der in Irland unter anderem zum Heizen verwendet wird, was man unschwer am Geruch der Torffeuer nachvollziehen kann.
Unsere Kaffeepause machen wir im "Strokestown Park", dort gibt es im Strokestown Park House ein "Famine Museum". Die als Great Famine oder Irish Potato Famine (irisch: An Gorta Mór) in die Geschichte eingegangene Hungersnot zwischen 1845 und 1852 war die Folge mehrerer Kartoffel-Missernten, die durch die Kartoffelfäule ausgelöst wurde. Es starben eine Million Menschen, etwa 12% der irischen Bevölkerung und eine große Auswanderungswelle setzte ein. Die damaligen englischen Herrscher unternahmen wenig, um die Katastrophe abzuwenden. Die Great Famine wird als Wendepunkt der irischen Geschichte betrachtet und ist bis heute Thema in vielen Gedichten und Liedern.
Ungeachtet der vielen Schicksale genießen wir ohne schlechtes Gewissen die idyllische Ruhe, die leckeren Jambons und den Kuchen zum Kaffee.
Um etwas flotter voran zu kommen, und weil es nicht wirklich eine Alternative gibt, fahren wir bis Swinford auf der recht langweiligen N5, biegen dann auf die N26 ab und folgen ihr bis zum Lough Conn. Der 57 km² große See ist bei Fliegenfischern sehr beliebt und erinnert durch seine steinigen Ufer mehr an einen Bergsee.
Auf den folgenden Sträßchen in Richtung Westport gibt es wieder einige nette Passagen und wir können die Kühe fliegen lassen, bis wir nach 275 regenfreien Kilometern gegen 16:00 Uhr in der Augusta Lodge herzlich und wortreich von Stefanie begrüßt werden. Wie bekommen das schönste Zimmer mit "Blick auf die Motorräder" und fühlen uns sofort von der freundlichen, herzlichen Art der Irin eingenommen. Noch bevor wir uns aus den Klamotten geschält haben, bietet sie uns Tourvorschläge für morgen und Ausgehtipps für den Abend an.
Wir ruhen uns ein bisschen aus, machen uns auf den Weg in den Ort und kümmern uns um unser Abendessen. Wir finden in "The West" unser Stammlokal für heute und morgen. Das Essen ist lecker, liebevoll zubereitet und bezahlbar. Da wir noch ein wenig irish Pub Luft schnuppern wollen gehen wir in "Mat Molloy's" Bar. Als wir reinkommen singt der ganze Pub zu Gitarrenmusik, wir erleben im hinteren Teil der Kneipe live irische Musik von "The Wild Geese". Zuhause finde ich auf Youtube den kurzen Konzertmitschnitt von unserem Konzert. In den Pausen treten "Waiting for Wednesday" auf, die gar nicht wieder aufhören wollen, weil es ihnen offensichtlich so viel Spaß macht. Die Stimmung ist irisch ausgelassen und feuchtfröhlich.
Liebe Besucherin, lieber Besucher meiner Homepage,
über einen Kommentar, bzw. einen Eintrag im Gästebuch würde ich mich sehr freuen. Damit ich weiß, ob das außer mir noch jemand liest. ;-)
Danke und bis bald
Stefan