11. Tag, 31.05.2015, Ring of Kerry

Als ich aufwache sind die Kombis noch reichlich feucht. Handschuhe und Hosen hängen über der Heizung aber die ist noch kalt. Ein kleiner elektrischer Heizkörper tut sein Bestes um unsere Jacken trocken zu kriegen. Erst um 8:00 Uhr wird die Zentralheizung warm. Draußen scheint die Sonne, aber der Wetterbericht kündigt Regen an.

Im Frühstücksraum sind wir die Letzten und die Butter ist schon fast aufgebraucht. Im Kühlschrank finden sich noch zwei Eier, die wir kurzerhand zu unserem Eigentum erklären und Marianne brät sie für uns. Eigentlich mögen wir lieber ein herzhaftes Frühstück, aber Wurst und Käse gibt es hier leider nicht.

Die gesamte Situation festigt unseren Entschluss, die Unterkunft früher als geplant zu verlassen und uns etwas anderes zu suchen. Während des Frühstücks planen wir die Strategie, wie wir den Wirt von unserer verfrühten Abreise überzeugen können. Trotz einigen vielversprechenden Vorschlägen, bei denen schon mal die (leider nicht existiernde) Erbtante über die Klinge springen muss entscheiden wir uns für die Wahrheit, nämlich dass es uns hier nicht gefällt. Ehrlich währt am Längsten und so hat der Wirt vollstes Verständnis und zahlt anstandslos die vorausgezahlte Zimmermiete zurück.

Da alle Unterkünfte ihren Gästen kostenfreies WLAN zur Verfügung stellen können wir bei booking.com schnell ein passendes B & B suchen und auch gleich die Buchung perfekt machen. Auf dem großen Parkplatz vor dem Caitins haben sich inzwischen 7 oder 8 Reisebusse eingefunden. Jeder Besucher bekommt im Souvenir-Shop einen kostenlosen Irish Coffee und die Busfahrer werden sich sicher eine Provision abholen.

Während wir unser Gepäck auf die Motorräder packen fängt es an zu regnen und wir überlegen direkt in die neue Unterkunft zu fahren und dort einen Ruhetag einzulegen. Letztendlich entscheiden wir uns aber doch, den Ring of Kerry zu fahren, was sich als richtig herausstellen wird, da das Wetter sich noch macht und der Fahrtwind die restliche Feuchtigkeit aus unseren Kombis pusten soll.

Gegen 11:30 Uhr starten wir auf der N 70 unsere Tour, die landschaftlich wirklich sehenswert ist, aber genau deswegen eins der absoluten must-haves für alle Irlandurlauber. Immer wieder werden wir von Reisebussen oder langsam fahrenden PKWs ausgebremst. Erst als wir bei Laharan South den Ring verlassen und auf der R565 dem WAW folgen wird der Verkehr weniger und die Landschaft noch schöner. 

Am Abzweig steht wieder das Schild, das Bussen und Gespannen das Befahren verbietet und allen anderen einen ungestörten Fahrspaß verspricht.  Dazu hat sich das Wetter inzwischen ordentlich gemausert, sodass zwischen weißen Wolken gelegentlich die Sonne durchblitzt.

Eine echte Schokoladenfabrik wird auf Schildern am Straßenrand angekündigt. Die werden wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Leider kann man die Produktion nicht besichtigen, aber es gibt einen Fabrikverkauf. Als Marianne nach gefühlt 4 Stunden wieder rauskommt setzen wir unsere Fahrt auf den kleinen Single-Track-Roads fort. 

Nach etwa 35 Kilometern, für die wir aber eine gute Stunde Fahrzeit brauchen, mündet die Straße wieder auf den Ring und wir reihen uns brav hinter allen Bussen und PKWs ein. Überholen bringt nur kurzfristig Erleichterung, da man schnell hinter dem nächsten Pulk herfährt.

Während wir in der Mittagszeit ein Sandwich in einem kleinen Kaffee in Derreensillagh essen, 

beschließen wir, nicht den Ring komplett abzufahren sondern eine Abkürzung, quer über die Halbinsel, zurück nach Glenbeigh zu nehmen. Immer wieder bewundern wir die liebevoll gestalteten Fassaden der Geschäfte. Kaum einer begnügt sich mit einer schnöden Leuchtreklame, wie es bei uns üblich ist, sondern individuelle Gestaltung ist hier gefragt. Durch das Motorradtreffen in Killarney begegnen wir vielen Motorrädern, die in Gruppen oder einzeln den Ring befahren. 

Der Abzweig, den wir ab Blackwater Bridge quer durch die Berge nehmen erweist sich als wahrer Glücksgriff. Kaum haben wir den Ring verlassen, sind wir alleine auf der Straße. Die Landschaft wechselt von verwunschenem Märchenwald zu kargem Fels und wieder zurück zu saftigen Wiesen, auf denen in aller Seelenruhe die Schafe oder Kühe weiden, die gerade nicht auf der Straße rumlaufen. Dazu kommt noch ein wenig Enduro-Feeling auf, weil die Straßen zum Teil eher Feldweg-Charakter haben.

Da wir wirklich alleine auf der Straße zu sein scheinen, will Marianne einen kurzen Film drehen und dann passiert das:

Wenn es zu Begegnungen kommt, muss selbst bei Auto-Motorrad Einer stehen bleiben und den Anderen passieren lassen. Auto-Auto erfordert hier schon akrobatisches Geschick, Mut oder einen ziemlich langen Weg im Rückwärtsgang bis zur nächsten Ausweichstelle.

Großzügigerweise wird das Überholverbot aufgehoben, es fehlt aber die Gebrauchsanleitung, wie der Überholvorgang auszuführen ist, ohne dass einer den Abhang herunterstürzt.

Als wir uns nach 153 Kilometern, gegen 16:00Uhr, Glenbeigh nähern kommt auch das Meer wieder in Sicht.

Leider sind unsere neuen Vermieter nicht zu Hause, so dass wir die Zeit im gegenüberliegenden Kaffee überbrücken. Später beziehen wir unser Zimmer. Es ist eher ein bisschen schäbig und abgewohnt, aber sauber und es gibt Frühstück, kostenloses WLAN und einen Wasserkocher mit Instantkaffee und Keksen, auf dem Zimmer. Das findet man in allen B & Bs vor, sodass man sich Tee oder Kaffee mal zwischendurch machen kann.

Heute Abend gehen wir zu Fuß in ein Hotel am Ort, um dort zu essen. Auf dem Weg dorthin überrascht uns ein Regenschauer und Wind von hinten, sodass unsere Hosenbeine völlig durchnässt sind als wir dort ankommen. Das Lokal ist rappelvoll, aber es gibt Live-Musik. Wir bekommen nur mit Mühe einen Tisch zusammen mit einem holländischen Ehepaar. Im Laufe des Abends erfahren wir, dass er in Deutschland arbeitet, aber er unterhält sich die ganze Zeit auf Englisch mit uns. Das Essen ist mittelmäßig, es gibt für uns beide Fish and Chips.

Zurück in der Unterkunft sehen wir uns einen Tatort in der ARD-Mediathek an. Segen des Internets. Morgen ist die Regenwahrscheinlichkeit bei 95% und 23 Liter pro m². Da haben wir mal wieder alles richtig gemacht, denn heute sind wir eigentlich nur auf dem Fußmarsch zum Pub nass geworden.

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über einen Kommentar, bzw. einen Eintrag im Gästebuch würde ich mich sehr freuen. Damit ich weiß, ob das außer mir noch jemand liest.  ;-)

Danke und bis bald

Stefan